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Sanierung Allerinsel

Sanierungsgebiet

Die Stadt Celle wurde 2009 mit dem Gebiet Allerinsel in das Städtebauförderprogramm von Bund und Ländern, Programmkomponente „Stadtumbau West“ (seit 2020 "Wachstum und nachhaltige Erneuerung - Lebenswerte Quartiere gestalten") aufgenommen und wird im umfassenden Sanierungsverfahren durchgeführt. Das Sanierungsgebiet umfasste eingangs eine Fläche von ca. 22,0 ha. Es besteht aus zwei Teilbereichen: einem Teilbereich Allerinsel und einem Teilbereich Speicherstraße, der in unmittelbarer Nachbarschaft südlich zur Allerinsel liegt. Der Flusslauf des Südarms der Aller trennt beide Teilbereiche voneinander.

Am 25.09.2014 wurde das Gebiet per Ratsbeschluss in Richtung Rathsmühle/Altstadt erweitert und umfasst nun 26,4 ha. Die Projektlaufzeit endet nach § 142 Abs. 3 nach 15 Jahren, demnach spätestens 2024. Innerhalb dieser Frist müssen alle Maßnahmen umgesetzt und abgerechnet sein. Die einzelnen Entwicklungsabschnitte sind im Rahmenplan definiert.

Mit dem Ratsbeschluss vom 31.03.2022 wurde die Frist zur Durchführung auf den 31.12.2027 verlängert. 

Sanierungsziele

  • Schaffung eines neuen lebenswerten „Stadtquartiers am Fluss“
  • Entwicklung bzw. Nachnutzung und Aktivierung brachliegender Industrie- und Gewerbeflächen, bzw. Verlagerung bestehender Gewerbebetriebe
  • Attraktivierung des öffentlichen Raums (Allerauen)
  • Ergänzung des Wohnangebotes auf der Allerinsel mit einer urbanen Dichte und entsprechendem Wohnumfeld
  • Reaktivierung und Entwicklung erhaltenswerter Bausubstanz
  • Schaffung von Infrastrukturen zur Umsetzung integrierter Umweltschutzmaßnahmen (Hochwasserschutz)
  • Verbesserung der sozialen und kulturellen Infrastruktur im Sinne von Gemeinbedarfs- und Folgeeinrichtungen
  • Modifizierung und Attraktivierung des Schützenplatzes
  • Herstellung von Verbindungen zu den angrenzenden Stadtteilen
  • Ausbau der Wegebeziehungen für Radfahrer und Fußgänger
  • Optimierung des Stellplatzangebotes

Historie

Die Entwicklung der Allerinsel (früher „Mühlenmasch“) steht im engen Zusammenhang mit der Nutzung der Aller als Schifffahrtsweg und als Standort für den Betrieb von Mühlen. Die Stromschnellen der Aller unterbrachen hier im frühen Mittelalter die Schifffahrt. Ein Umladeplatz entstand, der 1292 Stadtrechte erhielt. Der Gefälleverlauf an der Aller bot sich an dieser Stelle für die Mühlentätigkeit an. So entstand hier 1378 mit der Rathsmühle ein erster Mühlenstandort.

Das Gebäude der 1616 gegründeten „Herrenmühle“ ist heute noch im östlichen Eingangsbereich zum Sanierungsgebiet zu sehen. Die Rathsmühle selbst war Getreide-, Loh- und Tabakmühle, sie presste Öl, brach Flachs und versorgte über ein Pumpwerk den Turm der Celler Wasserkunst. Der eigentliche Inselbereich bestand überwiegend aus so genannten Maschwiesen, die regelmäßig bei Hochwasser überspült wurden in den Sommermonaten als Weidefläche dienten.

Ab dem 17. Jahrhundert entwickelte sich die Allerinsel als Standort für die Schützen (Schützenhaus, Schießstand), welche mit drei Schützenvereinen noch heute die Flächen für ihr Vereinsleben und das jährliche Schützenfest nutzen. Gegen Mitte des 19 Jahrhunderts (1889-1992) wurde der städtische Schlachthof auf der Allerinsel errichtet. Von dieser Entwicklungsphase zeugt heute noch das Verwaltungsgebäude, welches heute als Garnisonsmuseum genutzt wird, sowie das Kopfgebäude der Viehmarkthalle an der Hafenstraße.

Einen besonderen Wachstumsschub erfuhr die Allerinsel zum Ende des 19. Jahrhunderts durch die Anbindung an das Eisenbahnnetz. Von der Allerinsel aus wurde zudem die westlich der Insel gelegene Speicherstraße mit einer Brücke an das Schienennetz angebunden. Diese Brücke musste abgerissen werden und wurde nicht wieder aufgebaut. Zu Beginn der Industrialisierung erhöhte sich auch die wirtschaftliche Bedeutung der Allerinsel für die Stadt Celle. Mit dem Bau bzw. der Entwicklung des Hafens 1900-1907, des Elektrizitätswerkes und des Gleisanschlusses begann die flächenhafte Nutzung als Gewerbegebiet.

Durch den Ausbau des Hafens im Jahr 1904 sowie einer Erweiterung im Jahr 1906 konnten nun auch größere Gütermengen auf der Allerinsel umgeschlagen werden. Es entwickelten sich Betriebe, die den direkten Zugriff auf die Handelswege nutzten. Beispielhaft zu nennen ist die metallverarbeitende Industrie, die heute noch in Teilen auf der Allerinsel zu finden ist.

Ebenfalls wurde die Mühle genutzt, um angeliefertes Korn zu mahlen. Die Gebäude zum Lagern und Verarbeiten des Korns gibt es im östlichen Bereich der Allerinsel noch heute, diese werden von Folgebetrieben weiterhin genutzt, wenn auch in der Zwischenzeit mit moderner Technik ausgestattet. An der Speicherstraße entwickelte sich der ursprüngliche Standort der heute noch in Teilbereichen vorhandenen Hausbaufirma Haacke.

Bedeutung erlangte dieser Standort auch für die Versorgung der Innenstadt mit Energie (Gas, Strom). Über Jahrzehnte entwickelte sich hier eine sehr hohe Installationsdichte an Versorgungseinrichtungen, die noch heute in den Gebäuden der Stadtwerke zu finden ist. Der Standort Allerinsel versorgt noch heute den gesamten innerstädtischen Bereich mit hier herunter transformiertem Strom.

Seit den 1980er Jahren verzeichnete die gewerbliche Nutzung der Allerinsel eine rückläufige Entwicklung. Die vorhandene Anbindung an das regionale und überregionale Straßennetz entsprach nicht mehr den Anforderungen an einen Gewerbestandort, da die Lieferfahrzeuge größer und der Verkehr auf dem Straßennetz deutlich zugenommen hatten. Mit der Aufgabe des Speditionswesens wurde im Jahre 2004 der Bahnverkehr auf der Allerinsel eingestellt.

Quellen: pp a|s pesch partner architekten stadtplaner, Rahmenplan Allerinsel (2010), Fugro Consult GmbH, Sanierungsrahmenplan Allerinsel (2015), Akten der Bauaufsicht Stadt Celle, Stadt Celle, Vorbereitende Untersuchungen Allerinsel, 2011; Landesamt für Geoinformation und Landesvermessung Niedersachsen (LGLN) – Gutachterausschuss Regionaldirektion Braunschweig-Wolfsburg – (W1-142/2013,2014); Oberer Gutachterausschuss für Grundstückswerte Niedersachsen, OG 2b 2013)

Förderprogramm

Die Maßnahme wurde 2009 in das Bund-Land-Städtebauförderprogramms „Stadtumbau West“ aufgenommen und wird nach § 142 BauGB im umfassenden Verfahren durchgeführt. Die Maßnahme Allerinsel ist als Gesamtmaßnahme ausverschiedenen zu erreichenden Sanierungszielen zu betrachten. Beim umfassenden Sanierungsverfahren finden die besonderen sanierungsrechtlichen Vorschriften (vgl. § 152-156a BauGB) Anwendung, die Zahlungsverpflichtung von Erschließungsbeiträgen entfällt dabei. Neben der Überprüfung der Bemessung von Kaufpreisen und Entschädigungsleistungen findet die Ausgleichsbetragsregelung nach § 154 BauGB Anwendung. Danach hat der Eigentümer eines im förmlich festgelegten Sanierungsgebiet gelegenen Grundstücks zur Finanzierung der Sanierung nach Abschluss des Sanierungsverfahrens an die Stadt einen Ausgleichsbetrag zu entrichten, welcher der durch die Sanierung bedingten Erhöhung des Bodenwertes seines Grundstückes entspricht.

Investitionsvolumen 23,7 Mio. Euro
Finanzierung 1/3 Stadt Celle

1/3 Land Niedersachsen

1/3 Bund

 

Zielsetzung des Bund-Land-Städtebauförderprogramms „Stadtumbau West“

  • Herstellung nachhaltiger städtebaulicher Strukturen Beseitigung erheblicher städtebaulicher Funktionsverluste
  • Stärkung der Stadtquartiere als Wohn- und Wirtschaftsstandort
  • Aufwertung des öffentlichen Raumes
  • Stabilisierung der sozialen Infrastruktur
  • Flächenaktivierung als Mobilisierung von Brachflächen vorrangig vor Neuausweisungen

Gefördert werden:

  • Weitere Vorbereitung (Planung)
  • Bürgerbeteiligung
  • Verbesserung des öffentlichen Raumes | Wohnumfeld | private Freiflächen
  • Anpassung der gemeindlichen Infrastruktur | Sicherung der Grundversorgung
  • Rückbau leer stehender, dauerhaft ungenutzter Gebäude Bau- und Ordnungsmaßnahmen für die Freilegung sowie Wieder- /Umnutzung von Brachflächen
  • Modernisierung